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Januar 2012: Fortschreitende Zerstörung von Höhlenbäumen


Höhlenbäume sind wertvolle und (über-)lebenswichtige Lebensräume für eine Vielzahl von Höhlenbrütern unter unseren Vögeln und als Übertagungsquartier und Fortpflanzungsstätte für eine ganze Reihe von Fledermausarten unerlässlich. In den Artbeschreibungen vieler bekannter Vogel- und verschiedener Fledermausarten wird die Nutzung von Naturhöhlen beschrieben. Daneben wird deren Bedeutung detailliert in Fachpublikationen vertieft, so dass der Kenntnisstand über die ökologische Bedeutung von Bäumen, die Baumhöhlen aufweisen, als relativ hoch angesehen werden kann.

Darüber hinaus haben Umweltverbände wie NABU und BUND durch intensive Kampagnen über die Bedeutung von Streuobstwiesen mit alten Baumbeständen sowie auf den Schutz von bestehenden Höhlenbäumen permanent hingewiesen. Damit sollte man meinen, dass der Wert solcher Habitate als allgemein bekannt vorausgesetzt werden kann.

Doch leider lässt sich immer wieder feststellen, dass solche "Lebensbäume" und Lebensraum-Strukturen aus alternden, ökologisch wertvollen, Baumbeständen leichtfertig beseitigt werden. Die nachfolgenden Beispiele sollen das belegen und veranschaulichen:


Gerodete Obstbäume zwischen Rangendingen und Haigerloch-Stetten



Bechsteinfledermaus, Foto: Ingrid Kaipf


Um den Jahreswechsel herum wurden neun alte Obstbäume auf einer Wiese am Waldrand zwischen Rangendingen und Haigerloch-Stetten gerodet. Fast alle diese Bäume wiesen Höhlungen auf, in denen immer wieder Bruten von Gartenrotschwanz und Wendehals festgestellt wurden.

In starkem Maße ist davon auszugehen, dass die Bäume auch von einigen Fledermausarten, wie Bechsteinfledermaus, Fransenfledermaus, Kleinabendsegler usw. zumindest zeitweise bewohnt wurden. Diese Einschätzung wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass derartige Bäume direkt am Waldrand im Sommer bei kühlerem Wetter gerne von den Fledermäusen als wichtiges Teilquartier ihres Quartierverbundes genutzt werden.

Vor allem Bechsteinfledermäuse brauchen dieses hohe, dichte Quartierangebot, da sie immer wieder die Höhlungen wechseln (müssen), um dem steigenden Parasitendruck auszuweichen und sich zur Wärmeregulation den klimatischen Gegebenheiten anpassen zu können.

In diesem vorliegenden Fall wurde daher vom Naturschutzbüro Zollernalbkreis auch Anzeige erstattet.

Info:    Der Gesetzgeber hat dem Wert der Lebensstätten besonders und streng geschützter Arten Rechnung getragen und auch bei der Überarbeitung und Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes im Jahr 2010 die entsprechenden Paragraphen eindeutig belassen und sogar noch bekräftigt. Nach §44 Abs. 1 Ziffer 3 ist es verboten, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören.


Eine weitere Rodung dreier Obstbäume, die ebenfalls Baumhöhlen aufwiesen, fand zur etwa selben Zeit auch auf Hechinger Gemarkung statt. So werden die Streuobstwiesen, deren Pflege derzeit oft aus Überalterung der Besitzer und Pächter eh schon nicht mehr ausreichend gesichert ist, durch überschnelle Rodung von Bäumen noch schneller dezimiert.


Einer von drei gefällten Obstbäumen auf einer weiteren "Rest-Streuobstwiese"

Nun ist es natürlich ab und zu tatsächlich notwendig, Bäume auch zu fällen, z.B. wenn besondere Gründe vorliegen, etwa die Sicherheit von Kindern auf einem Spielplatz durch einen abgängigen Obstbaum, dessen Äste bereits abbrechen oder der gar umzustürzen droht. Hier wird die Fällung sicher akzeptiert werden können, besonders dann, wenn ein ökologischer Ausgleich an anderer Stelle geschaffen wird.

Leider können diese besonderen Gründe bei den meisten Vorfällen auch mit dem größtmöglichen Verständnis nicht gefunden werden, wie auch das nebenstehende Beispiel zeigt:

Mitten im Naturschutzgebiet "Zollerhalde", weitab von Spazierwegen, wurde dieser Höhlenbaum umgesägt. Der Längsschnitt am aufgefundenen Stammteil verdeutlicht eindrucksvoll die Durch-
höhlung und zeigt auch, dass der Baum noch über genügend festes Holz verfügt hat und nicht akut einsturzgefährdet war.

Um der abnehmenden Anzahl an natürlichen Baum-
höhlungen und dem damit zunehmenden Mangel an "Wohnungen" für Höhlenbrüter und Fledermäuse entgegenzuwirken, werden von den Naturschutz-
verbänden und vielen Privatleuten Nistkästen aufgehängt und betreut. Diese werden in der Regel auch gerne von Fledermäusen angenommen, so wie von diesem Kleinabendsegler, der bei einer Nist-
kastenkontrolle aufgefunden wurde.


Umgesägter Höhlenbaum im NSG Zollerhalde



Kleinabendsegler in einem Fledermauskasten


Künstliche Nistkästen stellen aber selten eine optimale Möglichkeit dar, um für Lebensraum von Baumhöhlen bewohnenden Tierarten zu sorgen. Und selbst da, wo es sinnvoll ist, die Populationen durch Nistkästen zu stützen, sind Bäume notwendig, um sie daran zu befestigen.

Es stimmt traurig, dass trotz des besseren Wissens über den ökologischen Wert von Streuobstwiesen und trotz groß angelegter Kampagnen die Aussichten beim Erhalt solcher Lebensräume und "Lebensbäume" eher als düster zu bezeichnen sind. Es ist dringend geboten, die bestehenden Angebote zur Förderung und zum Erhalt von Streuobstwiesen weiter publik zu machen und von Pächtern, Obst- und Gartenbauvereinen, Naturschutzvereinen und Gemeinden aufzugreifen und voranzutreiben, um diese einzigartigen Lebensräume dauerhaft zu erhalten.





Text und Fotos (sofern nicht anders bezeichnet): Hans-Martin Weisshap

 

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